„Der Nebel ist die Verhüllung der Dinge, die wir uns wünschen oder fürchten. Er verschiebt die Grenzen der Welt, bis nur das Hier und Jetzt übrig bleibt.“
Der Nebel verschluckt das Rauschen der Welt.
Der Nebel zieht in Schwaden über das Land, senkt sich auf die Hügel, schlängelt sich durch die Täler und legt sich wie ein schützender Mantel um die Bäume und Häuser. Alles, was eben noch klar und vertraut war, verschwimmt unter seiner stillen Berührung, als hätte die Welt einen Teil ihrer eigenen Geschichte vergessen. Geräusche dringen nur gedämpft hindurch, kaum mehr als ein Murmeln, ein leises Wispern, ein Flüstern, das rasch im Verborgenen verschwindet. Der Nebel ist die Verhüllung der Dinge, die wir uns wünschen oder fürchten. Er verschiebt die Grenzen der Welt, bis nur das Hier und Jetzt übrig bleibt. Und in diesem scheinbar schwebenden Augenblick scheint die Zeit selbst zu zögern, als halte sie den Atem an, um Raum zu schaffen für das Ungesagte, das sonst keinen Platz findet. In dieser Stille sind die Konturen des Bekannten verwischt, und die Welt wirkt wie ein Bild, das durch viele Schichten von Erinnerung und Traum hindurch betrachtet wird. Der Nebel trägt auch etwas Geheimnisvolles in sich, etwas, das sich weder fassen noch erklären lässt. Eine Ahnung, die zugleich Trost und Unruhe bringt. Es scheint mir manchmal, als hielte er uns an der Schwelle zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren, ein stilles Versprechen, das alles offenlässt – ein Raum, in dem jede Möglichkeit besteht, aber keine Sicherheit. Und so verweilen wir, gefangen in diesem weißen Nichts, das jede Form von Gewissheit verschluckt, uns mit uns selbst zurücklässt und uns zwingt, tiefer zu schauen, ohne zu wissen, was wir zu finden hoffen.
Es gibt diese Nachmittage im November, an denen der Nebel zu Besuch ist und sich lautlos über alles legt. Er schiebt sich zwischen die Bäume, streift über die Felder, die Hügel, in die Täler und zieht sich bis an die Hauswände heran. Manchmal, wenn ich ganz still bin, glaube ich, sein Flüstern hören zu können, dieses leise Knistern der Luft, das er mit sich bringt, wenn er sich wie ein graues, stilles Tuch über die Landschaft ausbreitet. Der Nebel, er verschluckt das rastlose Rauschen, das mich oft umgibt, dämpft das Drängen und Treiben, das die Tage füllt, und für einen kurzen Augenblick wird alles leiser, kleiner, fast in sich gekehrt, wie das tiefe Einatmen nach einem langen Tag.
In diesem dichten Grau verlieren die Dinge ihre Richtung – kein Vorne und Hinten, kein Links und Rechts, nur ein schwer fassbarer Augenblick, der sich über alles legt. Vielleicht ist es genau das, was den Nebel für mich so besonders macht: Er schenkt eine eigentümliche Klarheit, eine Ordnung, in der das Überflüssige sich auflöst, wie Farben, die in einem alten Foto verblassen, bis nur das Wesentliche übrig bleibt.
Die Welt scheint zu schrumpfen, und mit ihr die Last, die ich so oft mit mir trage. Für diese kurzen Stunden bleibt das Schwere zurück, fast wie ein vergessenes Gepäckstück, das man eine Zeit lang einfach stehen lassen kann. Der Nebel hüllt mich ein, nimmt mir alles, was mich beschwert, und schafft eine Stille, in der das Leben anders klingt – ruhiger, echter, wie ein flüchtiges Versprechen, das mich wieder einmal daran erinnert, dass manches nur im Augenblick Bedeutung hat.


